Die Piefke-Saga (1990– )
9/10
interessante und witzige Gesellschaftsstudie zweier Nachbarländer
27 April 2011
Das Thema dieser Serie kann eigentlich in einem Satz zusammengefasst werden: Kritische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis vom deutschen Urlauber im österreichischen Bergland Tirol.

Auch wenn sich das Thema vermutlich auf mehrere Nachbarländer die in einer Hassliebe stehen übertragen lässt, so taucht die "Piefke Saga" doch etwas spezifischer in das Verhältnis des Deutschen zum ländlichen Österreicher, welcher das Wort Piefke als Schimpfwort für einen stereotypen Deutschen verwendet.

Rund um dieses Wort baut sich auch das Gerüst dieser Geschichte auf. Als die deutsche Urlauberfamilie Sattmann eines Tages während ihres Traditionsurlaubs im Tiroler Lahnenberg (fiktiver Ort) in einer Zeitung per Schlagzeile wachgerüttelt werden, dass sie in ihrem Lieblingsurlaubsland eigentlich sehr unbeliebt sind und als Piefke beschumpfen werden entbrennt ein erbitterter Kampf zwischen zwei Kulturen die sich brauchen, gegenseitig ausnutzen, austricksen und dann doch wieder helfen, weil sie einander brauchen.

Die Familie Sattmann repräsentiert in dieser Konstellation die in den Augen der Tiroler typische deutsche Familie: starr, seelenlos, humorlos, überheblich, naiv - doch in Wahrheit sind diese lediglich auf der Suche nach einem Flecken Ruhe und Harmonie als Kompensation zu ihrem hektischen Leben in der Bundeshauptstadt.

DIe Tiroler werden als anfangs freundliche, traditionsbewusste, ehrliche und stets bemühte Gastgeber präsentiert. Jedoch wird bald klar, dass hinter diesen Masken genau kalkulierte Spiele getrieben werden um den "Mythos Tirol" am Leben zu halten.

Besonders der letzte Teil der Serie sorgte für eine Welle der Entrüstung von sowohl österreichischer als auch deutscher Seite und wurde bei Wiederholungen nicht selten einfach ausgelassen. Ich persönlich interpretiere den letzten Teil eher als witziges Sahnehäubchen einer grandiosen Trilogie (obwohl vierter Teil). Er stellt für mich mehr eine Zusammenfassung der Metabotschaften der ersten drei Teile dar und diese hab ich oben schon beschrieben.

Und nun zu den filmerischen Werten: Einen Oscar für die Ausstattung und restlichen Production Values würde es sicherlich nicht geben. Doch obwohl die Mittel für Produktion und cinematografische Ausführung offenbar recht knapp waren, ist die Geschichte äusserst überzeugend in Szene gesetzt. Die Charaktere weisen eine teilweise spürbare Tiefe auf und manche Dialoge surfen messerscharf über die Front der Kulturunterschiede der beiden Länder. Und so unwohl man sich in manchen Momenten beim zuschauen fühlt, so sehr muss man sich oft eingestehen, dass es doch recht nahe an der Realität liegt.

Wenn man die Bezeichnung "Britischer Galgenhumor" meets "Deutsche vs Österreichische Gesellschaftssatire" gelten lassen könnte würde es wahrscheinlich am besten dieses Werk beschreiben. Eine sehr sauber geschriebene Gegenüberstellung zweier verschiedener Charismen, die sowohl ihre Unterschiede wie auch ihre Gemeinsamkeiten über Umwege entdecken. Dem Charme der Piefke Sage kann man sich (wenn in Stimmung) wirklich schwer entziehen. Empfehlung!
0 out of 0 found this helpful. Was this review helpful? Sign in to vote.
Permalink

Recently Viewed